Von „guter alter“ Zeit – Freilichtmuseum Schwarzwald

Um ehrlich zu sein, habe auch ich immer wieder ein eher romantisches Bild im Kopf, wenn ich an das Leben auf einem Bauernhof denke. Aber mit Bauernhofromantik hatte das Leben der Bauern vor mehr als hundert Jahren wahrlich nichts zu tun. Es war ein Kampf ums Überleben. Von „guter alter Zeit“ kann da wohl keine Rede sein. Das tägliche Leben war harte Arbeit im Stall und auf dem Feld und nicht zuletzt in den rauchigen Küchen. Einen guten Eindruck davon konnte ich mir gerade wieder verschaffen.

Unser zweiter Ausflug im Schwarzwald ging nach Gutach in der Freilichtmuseum „Vogtsbauernhof“. Die Häuser und Einrichtungen hier sind authentisch. Menschen haben darin gelebt, gearbeitet, gründeten Familien und starben. Das, was wir hier sehen, war ihre Welt, ihr Leben.

Das Freilichtmuseum „Vogtsbauernhof“ ist das älteste Freilichtmuseum Baden-Württembergs. Es begann alles mit dem Hof, der dem Museum auch den Namen gab. Der Vogtsbauernhof wurde 1612 errichtet. Sein ursprünglicher Besitzer war um 1650 Talvogt in Gutach, daher bekam das Gehöft seinen Namen (und behielt ihn auch als das Amt des Vogts bereits weitergegeben war). Für die damalige Zeit war der Hof sehr groß, was für einen gewissen Wohlstand spricht. (was natürlich keine großen Geldsummen oder Schätze waren, der Wohlstand war das Gehöft , dass die Ernährung seiner Familie sicherte)
Der Vogtsbauernhof wurde (wie das so bei Höfen üblich ist) über Generationen weitergegeben. Die letzte Bauernfamilie gab den Hof 1965 ganz an das Museum ab, das 1963 von Hermann Schilli gegründet wurde.
Das Museum soll das Leben im Schwarzwald früherer Zeiten anschaulich darstellen und zeigen, womit die Leute früher ihren Unterhalt verdienten.

Deshalb wurden auch einige Gebäude „umgesiedelt“. Der Speicher neben dem Bauernhaus zum Beispiel gehörte ursprünglich nicht zum Vogtsbauernhof, und stand auch nicht so nah am Hauptgebäude. Er wurde Anfang des 17. Jahrhunderts in Oberharmersbach erbaut.
Dennoch hatte jeder Hof seinen Speicher. In ihm wurden die Lebensmittel gelagert, die die Bewohner des Hofes brauchten. Hier wurden Speisen konserviert, in Salz oder Lake eingelegt wie Gurken oder Sauerkraut. Außerdem wurden Bargeld und wichtige Dokumente verschlossen dort aufbewahrt, damit sie im Falle eines Brandes im Haupthaus nicht Raub der Flammen würden. Deswegen stand so ein Speicher auch mindestens 30 Meter vom Haupthaus entfernt. Brannte das Haupthaus, so konnte das Feuer nicht auf den Speicher übergreifen.
Für das Museum hat man den Speicher hier in unmittelbare Nähe des Haupthauses verlegt.
Andere Nebengebäude des Hofes sind allerdings authentisch, wie etwa das Back- und Brennhaus, das 1870 errichtet und noch bis 1950 in Betrieb war. Auch die Klopf- und Plotzsäge, 1673, ist ein Original und wurde bis zur Eröffnung des Museums genutzt. Hier sieht man auch, wie die Menschen früher schon die Kraft des Wassers nutzten.
Auch der Bienenständer, den es auf jedem Hof gab, ist Original.

Die Höfe und Einrichtungen aus anderen Gegenden des Schwarzwaldes zeigen gut die regionalen Unterschiede. Das Kinzigtal zum Beispiel war sehr fruchtbar und seine Bauern entsprechend wohlhabend. Der „Kinziger Speicher“ verfügt über mehrere Etagen und ist wesentlich größer als jener, der direkt neben dem Vogtsbauernhof steht.
Der Lorenzenhof, zu dem der Speicher gehört, steht gleich nebenan. Er wurde 1608 im Kinzigtal erbaut und kam 1972 ins Museum.
Hier stehen auch weitere Gebäude, die zu einem Schwarwaldbauernhof gehörten, ein Backhaus, in dem heute noch gebacken wird, ein Bähofen, in dem die Flößer früher die „Floßwieden“ herstellten, mit denen sie die Stämme ihrer Floße verbanden, eine modernere Hochgangsäge 1826 aus Urach und eine Hanfreibe.
Die Hanfreibe stammt aus Steinach im Kinzigtal und wurde noch bis 1929 betrieben. Sie diente der Herstellung von Pflanzenfasern aus Hanf oder Flachs. Flachs wiederum wurde zu Leinen verarbeitet.
Ausserdem gibt es eine Ölmühle und eine Hammerschmiede.

Daneben steht dann das so genannte „Leibgedingehäusle“, das der Alterssitz für das Altbauernpaar war. Im Vogtsbauernhof wurde dem Altbauernpaar ein Abschnitt des Haupthauses als Altersruhesitz zugewiesen, im Kinzigtal konnte hierfür ein eigenes Gebäude errichtet werden.
In jedem Fall war der Hoferbe für ihre Versorgung verantwortlich. In diesen Zeiten waren also Kinder die einzig wahre „Altersvorsorge“.

Leibgedingehäusle

Der „Hippenseppenhof“ ist der älteste Bauernhof des Museums. 1599 wurde er erbaut und ist gänzlich mit Holzschindeln gedeckt.
Die beiden Nebengebäude gehörten ursprünglich nicht zum Hippenseppenhof. Der Hochschwarzwälder Speicher wurde 1590 in Schollach erbaut. Er ist gänzlich aus Holz gebaut und steht zum Schutz vor Feuchtigkeit und Schädlingen auf Pfosten.

Die Kapelle neben dem Hippenseppenhof stammt aus dem Jostal und wurde 1737 erbaut. Sie besteht ganz aus Holz und hat einen Dachreiter mit Glocke, die zu den Gebetszeiten geläutet wurde. Die nächste Kirche war weit weg, und die Bewohner eines Hofes mussten sich anders behelfen.

Im Westteil des Museumsareals stehen die „moderneren“ Bauernhäuser. Der „Falkenhof“ wurde 1737 in Buchenbach-Wagensteig errichtet und noch bis 1976 als Wirtschaftsgebäude genutzt.
In direkter Nachbarschaft steht das „Schauinslandhaus“ von 1730. Die Gegend um den „Schauinsland“ (einem Berg südlich von Freiburg im Breisgau) ist durch kleinere Höfe gekennzeichnet. Hier ist eine „Schneflerwerkstatt“ untergebracht, in der früher Gebrauchsgegenstände aus Holz hergestellt wurden. Beeindruckend an diesem Gebäude ist die deutlich sichtbar angebrachte Toilette, direkt an der Front hängt die Kabine im Obergeschoss. Von ihr führt ein Holzrohr abwärts und endet über einem Fass.

Das Tagelöhnerhaus „s’Wirtstonis“ ist das jüngste Gebäude des Museums. Zum einen wurde es erst 1819 in Oberprechtal gebaut, zum anderen kam es 2002 ins Museum und ist damit das neueste und modernste Gebäude. Es wurde komplett mit Einrichtung übernommen, und man bekommt einen guten Eindruck von der Lebenssituation der ärmeren Landbevölkerung vermittelt. „Tagelöhner“ waren Menschen, die einfache Arbeiten verrichteten und nur so lange angestellt waren, wie sie für eine bestimmte Arbeit benötigt wurden.

Das „Hotzenwaldhaus“ ist ein authentischer Nachbau. Das Original (der „Klausenhof“), wurde im Jahr 1756 erbaut und steht noch an Ort und Stelle in Herrischried-Grossherrischwand.
Im Innern des Hotzenwaldhauses befindet sich eine Weberei, da viele der Kleinbauern im Hotzenwald so ihren Lebensunterhalt aufbesserten.
(Außerdem gibt es hier einen Shop, in dem man handgefertigte Souvenirs kaufen kann.)

Ich fand den Besuch im Museum sehr interessant Hier vor Ort wird die Vergangenheit wirklich lebendig. Nur hier kann man die Enge eines Taglöhnerhauses spüren, den Ruß in der Küche eines Bauernhauses riechen, die Dunkelheit einer Schlafstube sehen. Und mann bekommt Respekt vor der Leistung der Menschen. Ja, wenn man mit offenen Augen durch das Museum geht, bekommt mann schon das romantische Bild gerade gerückt. Ja, von „guter, alten Zeit“ kann keine Rede sein.
Mehr über das „Freilichtmuseum Vogtsbauernhof“ gibt es im Internet www.vogtsbauernhof.org.

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