Mal wieder durchatmen und dem Alltagschaos etwas entfliehen… ausserdem ermahnen mich meine diversen Gesundheits-Apps mich zu bewegen … das Wetter und der innere Schweinehund versuchen mich zwar auszubremsen aber nix da! … ich entscheide ich mich für einen ausgedehnten Spaziergang auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee…

Der Friedhof wurde 1880 angelegt und ist der größte erhaltene Jüdische Friedhof Europas.
Auf dem 42 Hektar großem Areal mit mehr als 115000 Grabstellen kann man jede Menge entdecken.

Es gibt Grabplatten, die nicht viel größer sind als ein A4-Blatt, und Mausoleen von der Grundfläche einer Einraumwohnung. Es gibt Gräberfelder mit Grabsteinen, die ordentlich Reihe in Reihe stehen, und andere, wo sie längst Schlagseite bekommen haben oder umgefallen und überwachsen sind. Wohlhabende Bürger ließen aufwändig gestaltete Grabanlagen an Plätzen und Alleen sowie entlang der Umfassungsmauer errichten, während sozial Schwächere in den hinteren Reihen der Grabfelder bestattet sind.
Und es gibt auch neue Gräber mit modernen Grabsteinen. An den neuen, manchmal in kyrillisch beschrifteten Grabsteinen findet man nun auch Blumengestecke, Sträuße und Grabkerzen. Auch ein jüdischer Friedhof geht wohl mit der Zeit und Einflüsse verschiedenster Kulturen zeigen sich auch hier.

Allgegenwärtig ist die Konfrontation mit der Verfolgung der Juden im Nationalsozialismus. Direkt am Eingang die Anlage zum Gedenken an die sechs Millionen Opfer der Shoa. Es gibt ein Urnenfeld mit der Asche von in Konzentrationslagern ermordeten Juden sowie den Ehrenhain für im Ersten Weltkrieg auf deutscher Seite gefallene jüdische Soldaten…. Geschichte, die mich nie unberührt lässt.

Heute spaziere ich aber vor allem im hintersten Teil des Friedhofes, in einem Urwald aus Bäumen, Rhododendron und Efeu. 

Dieser Friedhof ist ein Ort, an dem sich immer wieder Entdeckungen machen lassen, der am frühen Vormittag noch einmal ganz anders wirkt als am späten Nachmittag, wenn er um 17.00 Uhr schließt, genauso wie er im Winter ganz anders wirkt als im Sommer… und er ist unbedingt mehr als einen Besuch wert.